Wertvolles Gemälde für das Weserrenaissance-Museum Schloss Brake ersteigert

Seine Bilder hängen in den Staatlichen Museen Berlin, im Rijksmuseum Amsterdam oder auch im Kunsthistorischen Museum Wien. Die Rede ist von dem niederländischen Maler Pieter Aertsen. Dank der großzügigen Unterstützung des Freundeskreises konnte nun eines seiner Werke für die Gemäldesammlung des Weserrenaissance-Museums Schloss Brake ersteigert werden.

 

Das Gruppenbild zeigt von links: Karin Hehner-Rügge (Freundeskreis), Dr. Albert Hüser (Vorsitzender des Freundeskreises), Museumsdirektorin Dr. Vera Lüpkes, Holger Holländer (Freundeskreis), Karin Krieger (Freundeskreis) und Dr. Heiner Borggrefe (Geschäftsführer des Freundeskreises und Stellvertretender Museumsdirektor). Quelle: Weserrenaissance-Museum Schloss Brake
 

Weserrenaissance-Museum Schloss Brake, Lemgo und der Freundeskreis konnten einmaligen Gemäldefund machen und ersteigern

Das Gemälde ist rund 460 Jahre alt, wurde wie damals üblich auf Holz gemalt und trägt den Titel „Marktszene“. Doch was genau ist abgebildet? Zu sehen sind Bauern, die ihre Produkte zum Kauf anbieten. Sie stehen nicht auf einem der vielen Wochenmärkte, sondern vor den Toren einer Stadt. Einer der beiden Bauern hat ein Seil mit zu seinen Waren genommen. Der zweite scheint sich wie in einem Wimmelbild in einer kleinen Szene im Bildhintergrund fast zu verstecken. Zwei merkwürdig gekleidete Figuren stehen neben einer jüngeren Frau. All das bemerkt der Betrachter jedoch erst auf den zweiten oder dritten Blick. Denn alles ist subtil gemalt. Gedämpfte Farben verschlucken viele Details.

 

Hängt schon in der Dauerausstellung. Das neue GEmälde, was Bezug zu verschiedenen Themen des dortigen Museums hat. (Foto: A. Leber)

 

Hinweisschild beim Gemälde. Vermutlich ist es auf Eichenholz gemalt worden.

 

Eine Marktszene zu malen, war damals völlig neuartig und sehr begehrt. Pieter Aertsen, der im 16. Jahrhundert lebte, berühmt war und viele Aufträge erhielt, ist quasi der Entdecker dieser „Marktlücke“. Leider sind viele seiner Werke durch Bilderstürmer vernichtet worden – ganz gleich, ob sie christlich waren oder nicht. Man muss heute lange suchen, um ein vergleichbares Gemälde zu finden. Eines hängt im Kunsthistorischen Museum in Wien.

Was wollte der Maler mit seinem Bild ausdrücken? Das Thema ist zwar banal, die Anspielungen auf damalige wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten aber deutlich und für damalige Betrachter ganz offenkundig.

 

Rechts unten im Gemälde sieht man die Leine, welche auf einen Weserlastkahn hindeutet, womit der Bauer unterwegs ist. (Foto: A. Leber)

 

Der Schlüssel zum Verständnis des Bildes ist zum einen die Leine im Vordergrund. Es ist ein deutlicher Hinweis auf einen Kahn, mit dem der Bauer gekommen sein muss. Darüber hinaus spielen die schnabelartigen Kopfbedeckungen der beiden Figuren in der kleinen Hintergrundszene sowie die blasse weibliche Erscheinung daneben eine zentrale Rolle.

 

Museumsdirektorin Frau Dr. Vera Lüpkes erklärte der anwesenden Presse das Gemälde. (Foto: A. Leber)

 

Seit dem Mittelalter war es verboten, aber dennoch üblich, dass in Sommermonaten Bauern aus Friesland an die Flussufer von nahegelegenen Städten fuhren, um vor der Stadt ihre Waren anzubieten. Die städtischen Märkte waren ihnen verschlossen. Die Stadträte versuchten vergeblich, gegen das Geschäftsgebaren der Bauern anzugehen.

Dass es sich hier um die Stadtmauer von Bremen handelt, verrät Pieter Aertsen mit der dort typischen Kleidung von Bremerinnen. Sie trugen im Spätmittelalter bis ins frühe 17. Jahrhundert hinein über ihren Kleidern sogenannten Heuken. Darunter versteht man eine Art Cape mit großer Kapuze, die horn- oder schnabelartig über dem Kopf endete.

 

Der Bauer im Vordergrund ist gut an seiner Kopfbedeckung zu erkennen. Die selbe Kopfbedeckung findet man im hinteren Bereich, wo eine weiterer Bäuerin wohl Rahm oder Milch verkauft. (Foto: A. Leber)

 

Die dritte weibliche Figur der Hintergrundszene trägt keine Heuke, und sie hat auch kein Gefäß mitgebracht, in das Waren abgefüllt werden können. Stattdessen hat sie eine kaputte Schürze vorgebunden. Dadurch wird deutlich, dass es sich um eine der zahlreichen Armen der Boomtown Bremen handelt. Sie steht im starken Kontrast zu den beiden Bremerinnen gegenüber. Dazwischen hockt ein zweiter Bauer und schöpft Rahm aus einer der Dauben, um ihn in eines der mitgebrachten Gefäße abzufüllen. Ob eine der beiden Damen dem armen Mädchen das gefüllte Gefäß reichen wird oder bezahlt und nach Hause trägt, bleibt der Fantasie des Betrachters überlassen.

 

Zweit edle Damen rechts mit ihren besonderen Bremer-Umhängen, den „Heuken“ kaufen wohl für die ärmere Frau ganz links Milch oder Rahm bei einer Bäuerin. Die zweite Frau hat wohl eine Schale in den Händen und die 0echte könnte einen Leder-Geldbeutel zum Bezahlen in der Hand haben. (Foto: A. Leber)

 

Die mildtätige Geste passte sehr zum Sozialgefüge der Stadt: Reiche Bremer haben Mitte des 16. Jahrhunderts Stiftungen zum Wohl der Armen ins Leben gerufen. Und das zumindest die rechte der beiden Personen vermögend sein muss, kann man an dem Kleid ablesen, dass aus Brokat-Stoff besteht.

Wir freuen uns sehr über dieses grandiose Kunstwerk und sind äußerst dankbar, denn ohne die Unterstützung des Freundeskreises hätten wir es nicht ankaufen können. Es macht die Sammlung unseres Museums noch attraktiver“, sagt Museumsdirektorin Dr. Vera Lüpkes.

 

Im selben Raum hängt genau gegenüber ein großes Gemälde von einem Schüler von Pieter Aertsen. Die üppige Pracht an Essen (Vögel, Hasen, Fische, Gemüse, Trauben) steht im Vordergrund und die kirchliche Szene rechts oben steht dadurch etwas im Hintergrund. (Foto: A. Leber)

 

Schild zum 2. Gemälde und zwar vom Schüler Joachim Beuckelaer gemalt.

 

Der Freundeskreis des Museums hat aktuell 130 Mitglieder. Diese genießen zahlreiche Vorteile wie freien Eintritt ins Museum, exklusive Previews, Blick hinter die Kulissen, Freikarten für den „Kulturtee“, Reisen zu Kulturstätten und vieles mehr“, sagt Vorstandsvorsitzender Dr. Albert Hüser. Neue Mitglieder sind sehr herzlich willkommen.

In den vergangenen Jahren hat der Freundeskreis immer wieder Werke namhafter Künstler wie Albrecht Dürer, Hans Vredeman de Vries und Philips Wouwerman angekauft.

 

Das neue Gemälde im WRM – Schloss Brake. Quelle: Weserrenaissance-Museum Schloss Brake

 

Das frisch erworbene Gemälde von Pieter Aertsen ist ab sofort in der Dauerausstellung des Museums zu sehen, und zwar dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr.

Pressetext: Weserrenaissance-Museum Schloss Brake – Fotos: Andreas Leber & WRM Schloss Brake

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