Besucher und Lemgoer erleben und erfahren viel über die St. Nicolai-Kirche
Kurz nach der Stadtgründung der Alten Hansestadt Lemgo (um 1190) entstand an einem zentralen
Ort der Bau einer ersten Kirche. Es handelte sich dabei um eine kreuzförmige Basilika im
romanischen Stil und wurde, wie es in den Hansestädten so üblich war, dem Heiligen Nikolaus
geweiht. Er war der Schutzpatron der Seefahrer und Fernhandelskaufleute und nach rund 50 Jahren war diese romanische Kirche fertig, aber bedeutend kleiner als heute und mit nur einem Kirchturm versehen.
Kirchturmführung mit Sektempfang lockt über viele Treppen zum Ausblick
Um 1300 entstand dann an der gleichen Stelle eine Hallenkirche im gotischen Stil. Der Bau, wie man ihn in der heutigen Form sehen kann, war wohl um 1375 erreicht. Die ungewöhnliche
Doppelturmfront, genannt die „ungleichen Brüder“ ist nicht nur das Wahrzeichen Lemgos, sondern
zeige in der damaligen Zeit, dass die Herren zur Lippe mit dieser Kirche ihren Machtanspruch
dokumentieren wollten. Nur der linke Turm (vom Marktplatz aus gesehen) ist öffentlich aber nur im
Rahmen dieser besonderen Führung begehbar. Dort befindet sich die nun neue eingerichtete
Türmer-Stube und das Glockenspiel, welches alle zwei Stunden mit verschiedenen Melodien
erklingt. Diese Glocken wurden aber später aus Stahl gefertigt.
Hoch hinaus in rund 35 Metern Höhe kommt man durch eine kleine Holztür an der Südseite der Kirche. Davor erläuterte Kirchturmführer Karl-Rochus Kintscher, einer von 12 Führern die kleine äußere Gaube am Turm, worüber der Türmer mit Waren wie kalter Suppe oder Bier versorgt wurde, da er dort oben für längere Zeit verweilen musste.
Um 1590 wohnte dort nur ein Türmer und im dreißigjährigen Krieg zeitweilig sogar 2 Türmer. Mit ihrem großen Horn gaben sie dann Signale und wie so ein Horn aussah, erlebt man bei einem Besuch im Hexenbürgermeisterhaus, da dort 3 Hörner ausgestellt sind.
Auch befindet sich im nördlichen Turm das große historische Uhrwerk, was auch heute noch immer
seinen Dienst leistet. Im südlichen Turm, der nicht für die Öffentlichkeit begehbar ist, hängen noch
drei historische Glocken aus dem 12. Jahrhundert. 1660 sorgte ein Tornado für eine schwere
Beschädigung des südlichen Turmhelms. Dieser wurde komplett abgeweht und zerstörte damals
sogar einen Teil des Daches. Drei Jahre später entschloss man sich dann dem Turm eine in sich
verdrehten Helm zu geben, da dieser nicht so windempfindlich ist. Der Nordturm ist 51,36 Meter
hoch und befindet sich im Besitz der Stadt Lemgo. Der Südturm ist 60,22 Meter hoch und befindet
sich im Besitz der Kirchengemeinde.
Bis 1984 gab es wohl in Lemgo noch einen aktiven Türmer und besonders sehenswert ist daher in der St. Nicolai-Kirche der von Hermann Voß geschnitzte Hochaltar, womit auch eine spannende Geschichte verbunden ist. Im 30-jährigen Krieg gelang es am 12. September 1636 einer Gruppe schwedischer Soldaten, in die Stadt einzudringen, wonach ein großes Besatzungskommando einrückte und die Stadt zwei Tage lang gründlich plünderte. Nach dem Abzug der Schweden sollte die Besatzung des Turmes zur Verantwortung gezogen werden, bei dem die Schweden eingedrungen waren.
Dem Bildschnitzer Hermann Voß gelang jedoch vor der Verhaftung die Flucht nach Hameln. Einige Zeit später wollte er dann aber gerne wieder zurück nach Lemgo und schrieb einen Bittbrief an den dortigen Rat. Er arbeitete in der Umgebung von Hameln als Bildschnitzer und verdiente so viel Geld, dass er auch die Buße der Stadt Lemgo für sein Fehlverhalten bezahlen konnte. Weiterhin bot er an, wenn er wieder mit seiner Frau nach Lemgo kommen könnte, den Hochaltar zu schnitzen.
Der Rat der Stadt ging auf dieses Angebot ein und so entstand im Jahr 1643 der Hochaltar mit den Ohrmuschel- und Knorpelformen. Herr Kintscher ging auch mit einer historischen Zeichnung, die einen Plan Lemgos um 1500 darstellte, auf die Kirchen ein, die es einmal gab wie St. Gertrud, St. Georgs Kapelle oder St. Johann wo es ja heute nur noch den Turm mit historischen Grabsteinen gibt.
Zum Abschluss bekam dann jeder Teilnehmer ein Gläschen Sekt mit oder ohne O-Saft und konnte bei dem super Wetter die schöne Aussicht genießen auf Lemgo und das Umland genießen.
Bericht / Fotos: Andreas Leber (www.DerLemgoer.de)