Ausstellung: „Do it Yourself! – Die neue Lust aufs Selbermachen“ im Hexenbürgermeisterhaus

Selber Dinge produzieren oder aus bestehenden Dingen etwas neues herstellen ist schon sehr lange ein Thema. Das LWL-Museumsamt konzipierte diese besondere Wanderausstellung welche bereits schon in anderen Städten sehr erfolgreich gezeigt wurde und nun ab dem 16.01.2022 für zwei Monate bis zum 13.03.2022 nach Lemgo ins städtische Museum Hexenbürgermeisterhaus kommt.

 

Plakat zur Ausstellung. Quelle: LWL-Museumsamt Münster

 

Gestern beim Pressetermin war noch reger Aufbau, aber die meisten Objekte standen schon in den Vitrinen. Diese Ausstellung bewegt sich zwischen den Gegenpaaren und teilt sich so in drei Bereiche und dort auch somit in drei Räumlichkeiten auf. Der Anfang macht „Mangel & Not“, dann geht es weiter im zweiten Raum mit „Alltag & Gegenkulturen“ und dieses geht dort dann über zum dritten Bereich „Arbeit & Hobby“, der seinen Abschluss im dritten Raum im ersten Obergeschoss findet. Somit stellt diese Ausstellung die Entwicklung des Selbermachens sehr anschaulich an vielen Ausstellungstücken da.

 

Museumsleiter Fabian Schröder und Kuratorin der Wanderausstellung Sarah Pfeiffer präsentierten die aktuelle Sonderausstellung.

 

Aus Kriegsresten wurden nützliche Sachen, wie Schalen.

 

Alles begann mit dem Slogan: „Do it Yourself“ oder kurz DIY oder zu deutsch „Maches selbst!“ bereits 1912 in Amerika. Nach Deutschland schwappte dieses Thema aber erst in den 1950er Jahren rüber. Da wurde daraus mit der Zeit immer mehr der Begriff: „Heimwerken“ worunter eine ganze Bandbreite von Tätigkeiten fällt. In der Ausstellung sind aufgeführt: „Basteln, Imkern, Töpfern bis hin zum Gärtnern“. Es spielte aber auch immer schon ein Nachhaltigkeitsgedanke dabei eine wichtige Rolle.

 

Aus Kriegsteilen, wie dieser Zusatztank, wurde dann schnell was nützliches, was in dieser schweren Zeit auch Spaß brachte.

 

Kinder bauten daraus ein kleines Boot und hatten viel Spaß auf dem Wasser.

 

Vieles wurde aber auch aus der Not der damaligen Zeit geboren. Dieses zeigt besonders der erste Raum sehr anschaulich an Hand der ausgestellten Stücke. So wird dort ein selbstgemachtes Monopoly-Spiel mit Suralin-Spielfiguren aus der DDR (Zwickau) aus dem Jahre 1970. Auch aus der ehemaligen DDR ist der selbstgebaute Rasenmäher aus der selben Zeit. Dabei wurde ein Gestell vom Puppenwagen, ein Motor aus einer Wäscheschleuder und eine Plastikschüssel als Abdeckung verwendet. Das größte Objekt ist ein ehemaliger Abwurftank eines Weltkriegsbombers. Dieser wurde genutzt um bei den Flugzeugen in der militärischen Luftfahrt im II. Weltkrieg die Reichweite zu erhöhen. Sobald sie leer waren wurden sie abgeworfen. In der Region Rietberg wurden damals in der Kriegszeit zahlreiche solcher Tanks gefunden und Kinder bauten sie dann zu kleinen Booten um und befuhren damit die Weser.

 

Selbst gebautes Monopoly-Spiel aus der DDR

 

Selbstgebauter Rasenmäher aus der ehemaligen DDR.

 

Im zweiten Raum geht es dann schon gezielter um die Praktiken des Selbermachens. Ob ein Schulwebstuhl, das Thema Stricken oder Grundschnittmuster. Aber auch das individuelle Gestalten von Objekten, wie dort gezeigt eine Lederjacke aus dem Jahr 1980 oder das „Fanzine – The Ostrich“ von 1977 als Leihgabe aus dem „rock´n popmuseum Gronau“. Aber auch Nadelmappen aus Iserlohner Nadelfabriken zwischen 1950-1960.

 

Lederjacke selbst verziert und Fanzine.

 

Fanzine: „The Ostrich“ von 1977

 

Selbermachen war auch in der Punk-Zeit üblich, so ja die veränderte und persönlich angepasste Lederjacke.

 

Schulwebstuhl, Nähzeug oder Stricken waren damals üblich.

 

Schnittmuster zum Selbermachen von Modestücken.

 

Ein selbstgestrickter Norweger Pullover aus dem Hörsaal der 1980er Jahre oder eine farbenfrohe Blumenvase aus einer ehemaligen Granini-Trinkflasche aus dem Jahr 1970. Mangel der Nachkriegszeit bis hin zur aufstrebenden Wohlstandsgesellschaft wird dort abgebildet. Aber auch die heutige Zeit, welche in der aktuellen Corona-Situation immer mehr zum Selbermachen führt wird beleuchtet und da speziell auch zwischen den Geschlechtern.

 

Altes Werkzeug trifft in dieser Vitrine auf modernes Werkzeug. Ob Mann oder Frau jeder kann kreativ werden.

 

Altes Werkzeug trifft in dieser Vitrine auf modernes Werkzeug. Ob Mann oder Frau jeder kann kreativ werden.

 

Vieles wurde immer nur dem Mann zugetraut und wie es scheint greift nun auch öfters die handwerkliche Frau zur Bohrmaschine. Ein Quiz ist wohl angedacht wie auch Workshops geplant und weit über 80 Ausstellungsstücke wurden von Menschen und Museen aus Westfalen extra dafür als Leihgabe zur Verfügung gestellt.

 

Selbstgemachter Norweger-Pullover oder Blumenvase.

 

Blumenvase aus einer „Granini-Trinkflasche“ aus dem Jahr 1970.

 

Nadelmappen aus Iserlohner Nadelfabriken zwischen 1950-1960.

 

Im dritten Raum im ersten Obergeschoss stehen zwei Medienterminals wo der Besucher Infos abfragen oder sich Interviews ansehen kann. Dort geht es auch um den selbstgemachten Teddy bis hin zu Alltagshilfen aus dem 3D-Drucker für Menschen mit Behinderung. Auch ein selbstgebauter 24,00 Euro Stuhl oder ein selbst veränderter Baby-Body mit einem besonderen Eingriff für eine Sonde wird gezeigt. Viele der dortigen Objekte hätten es nie wegen der geringen Nachfrage in den Handel geschafft. Somit wird dort nicht nur die kulturgeschichtliche Entwicklung des Selbermachens sondern auch ein direkter Bezug auf die Biografien der Menschen in Westfalen gezeigt.

 

selbstgemachter Teddy in der Ausstellung.

 

Hilfsmittel für Behinderte-Menschen aus dem 3D-Drucker.

 

Roboter-Hand aus dem 3D-Drucker.

 

Am 20.01.2022 ist eine besondere Führung mit Kuratorin der Ausstellung: Sarah Pfeiffer geplant, zusätzlich in Gebärdensprache wo alle Interessierten gerne von 15 bis 16 Uhr daran ohne Anmeldung teilnehmen können. Wie auch ggf. einige Workshops, welche aber noch in der Planung sind.

 

Besonderer Baby-Body. Quelle: LWL-Museumsamt Münster

 

Ein Hartz-4-Empfänger baute für 24,00 Euro diesen Stuhl, eines der vielen Highlights in Lemgo.

 

Weiterhin gibt es dazu einen Ausstellungskatalog mit 136 Seiten, zahlreichen Abbildungen und weiterführenden Textbeitragen für 11,90 Euro im Museum.

 

Ausstellungskatalog liegt zur Ansicht im Museum aus und kann dort dann für 11,90 Euro auch erworben werden.

 

Nach Lemgo macht diese sehr sehenswerte Ausstellung noch Station im Stadtmuseum Werne, Stadtmuseum Lippstadt, Emschertal-Museum Schloss Strünkede Herne und Junges Museum im Osthaus Museum Hagen.

Bericht & Fotos: Andreas Leber (www.Handmadepixel.de)

Weitere Fotos (siehe Quelle): LWL-Museumsamt für Westfalen / Münster

 

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