Drei historische Urkunden fanden nun den Weg ins Lemgoer Stadtarchiv „Süsterhaus“

Leiter Marcel Oeben war beim Pressegespräch im „Süsterhaus“, was auch sein Stadtarchiv beherbergt total begeistert. Schon vor einigen Jahren fanden einige historische Schriftstücke durch viel Glück den Weg wieder zurück nach Lemgo. Damals 1990 konnten damit einige Lücken in Lemgos Geschichte, welche nicht ganz so schön waren geschlossen werden.

 

Rechts sieht man das „Süsterhaus“, was seit vielen Jahren auch das Stadtarchiv ist. Foto: Andreas Leber

 

Dank des Fördervereins konnten die Schriftstücke angekauft und Lücken geschlossen werden

Die drei nicht alltäglichen Neuerwerbungen für das Stadtarchiv sind Urkunden aus der frühneuzeitlichen Zeit von 1554, 1590 und 1647. Diese wurden durch Zufall in deutschen Auktionshäusern gefunden und dann auch mit Dank der Stadt Lemgo und der Förderinitiative Stadtarchiv für den heimischen Archivbestand gesichert. Die Entstehungen der Urkunden ist unmittelbar mit Lemgo verbunden. Zwei der Urkunden stehen auch im direkten Bezug und drehen sich um das ehemalige sogenannte Siechenhaus / Leprosorium St. Jürgen. Dieses lag in der damaligen Gegend wo sich heute das Klinikum Lippe an der Rintelner Straße befindet. Begleitet wurde das Pressegespräch auch von dem Lemgo-Kenner und Historiker Hartmut Walter, welcher stellvertretend für die Förderinitiative vor Ort war. Die Urkunde von 1647 war von den dreien auch die Größte und es dauerte auch einen kleinen Moment bis Stadtarchivar Marcel Oeben mit weißen Handschuhen sie auseinander gefaltet hatte. Das besondere an allen Urkunden ist auch dass noch ein Stadtsiegel aus Wachs unten vorhanden ist. Vielfach würde Dieses schon fehlen, da es für Urkunden wie auch Siegel einen großen Sammlermarkt geben würde. Dementsprechend liegen die Kosten für den Ankauf auch nicht gerade niedrig. Dabei käme es aber auch wie Oeben im Gespräch erläuterte auf das Alter, den Zustand, die Größe, die Papierart und natürlich auch auf den Inhalt an. Was ihn aber ach stutzig machte, war der Ort Dresden. Genau daher kamen nun die Schriftstücke und auch damals kamen sie aus Dresden. Daher müsste jemand damals ja irgendwie von Lemgo aus den Weg dorthin gefunden haben und Nachfahren noch existieren. Genaueres könnte man da aber wohl nicht mehr ergründen. Die Urkunde von 1647 ist eine sogenannte „Obligatio“, eine Schuldverschreibung und ist somit ein sehr gutes Beispiel wie die Stadt Lemgo zur damaligen Zeit Finanzierungen machte, so Archivar Oeben. So hat laut der Urkunde die Stadt Lemgo von der Familie Grone oder Gröne, genauer von einem Christoph Grone / Gröne Geld bekommen, welches seitens der Stadt verzinst wurde. Zur Absicherung diente der städtische Weinkeller, genauer gesagt die Einnahmen durch den Weinverkauf.

 

Abschrift der großen Urkunde lag schon im Stadtarchiv vor. Foto: A. Leber

 

Für Oeben stellte sich natürlich dann im nächsten Schritt die Frage, ob es weitere Unterlagen zu dieser Familie oder sogar eine Abschrift der Urkunde von im Stadtarchiv geben würde. Nach einiger Forschung fand er dann sowohl eine Abschrift der Urkunde als auch mehrere Ordner voll über die Familie Grone / Gröne, welche der Kramer-Zunft angehörten. Somit lässt sich fast 100 Jahre im Schuldenregister der Stadt diese Familie nachweisen. Da Christoph Grone / Gröne ca. 1630 verstarb ging alles vererblich auf die Witwe über. Durch diese und auch die anderen beiden Urkunden können so einige Lücken in der Stadtgeschichte geschlossen werden freute sich Oeben bei der Urkundenpräsentation. Nach einem solchen Lückenschluss könnte man auch mehr erfahren, wie zum Ende des 30-jährigen Krieges die Finanzlage in Lemgo war. Die anderen beiden Urkunden sind kleiner, haben aber auch noch ein Stadtsiegel. Sie haben wie Marcel Oeben weis auf der Rückseite die wichtigsten Infos zu jeder Urkunde verfasst und dort steht die gleiche Nummer „No 30“. Somit belegt der Registervermerk die genaue Zusammengehörigkeit. Dabei geht es um die damalige Finanzierung des ehemaligen Siechenhauses St. Jürgens. Das Hospital befand sich ja wo heute die Siechenstraße liegt und somit in der Nähe des heutigen Klinikums. Die Urkunden gingen damals wohl bei der Auflösung des Siechenhauses nicht wieder zurück an die Stadt, sondern wohl in Privatbesitz über und verließ daher wohl mit dem letzten Verwalter Lemgo in Richtung Dresden.

 

Marcel Oeben präsentiert die große Urkunde von 1647. Diese mußte er mit sehr viel Gefühl langsam auseinander falten. Foto: Andreas Leber

 

Belege im Archiv zu der großen Urkunde, Familieninfos usw.. Foto: A. Leber

 

Foto: Andreas Leber

 

Die älteste Urkunde von 1554 regelt Geld aus einem Nachlass des Sander (Alexander) Grote und ist für die Absicherung der Heizung gedacht. Die dortigen Menschen sollten nicht im Winter frieren und von dem Geld sollte Holz oder wie damals üblich Kohlen gekauft werden. Diese Familie habe aber auch so Oeben weiter auch andere Institutionen bedacht. Von dieser Urkunde fand er auch im Archiv bereits eine Abschrift. Die dritte Urkunde von 1590 ist komplettes Neuland und taucht in keiner Weise bereits im Lemgoer-Stadtarchiv auf. Das Einzige was man genau sagen könne, wäre der direkte Bezug zur Urkunde von 1554.

 

Foto: A. Leber

 

Marcel Oeben präsentiert zum Abschluss noch einmal alle drei Urkunden. Im Hintergrund sieht man weitere Forschungsunterlagen, welche er bereits im Lemgoer Archiv zu zwei der frei Urkunden fand. Foto: Andreas Leber

 

Darin verkaufte ein Hermann Prott zusammen mit seiner Frau Anna eine Hausrente an die Dechen von St. Jürgens. Dieses wäre heute wie eine Art Hypothek anzusehen. Aus Unterlagen der damaligen Bauernschaften lag wohl das Haus in der Echternstraße. Der genaue Standort ist aber noch unbekannt und geht aus dem Schriftstück auch nicht hervor. Aus dem Registervermerk auf der Rückseite kann man aber einen Gerlach Möller ersehen, welcher wohl der spätere Hauseigentümer war. Dieser lebte in der Bauernschaft im heutigen Bereich „Neue Torstraße“. So schließen sich auch damit nun schon einige erste Lücken. Am Ende kann man daher sagen, dass solche historische Schriftstücke wichtig für das Archiv sind und falls jemand solche Dokumente noch zu Hause habe, wäre es toll wenn man sich damit ans Stadtarchiv wenden würde und diese dann ggf. dort in den Archivbestand der Forschung zur Verfügung gestellt würden.

 

Bericht / Fotos: Andreas Leber (www.DerLemgoer.de)

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