Zu eng geschnürt?
Das fest geschnürte Korsett des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ist eng mit der Rolle der nicht emanzipierten Frau, der Mutter und Repräsentantin des Haushalts verbunden. Ihr Verhalten und ihr Äußeres sollten tugendsam und züchtig sein.
Mieder und Korsetts – Ausstellung im Lippischen Landesmuseum
Getragen wurde das Korsett vor allem von Frauen des Bürgertums oder des Adels. Seit 1820 begann man bereits, die Korsetts industriell zu fertigen, so dass es auch Frauen der Mittelschicht möglich wurde, ein Korsett zu erwerben.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Korsetts in der Frauenmode unverzichtbar. Es entwickelte sich nun die sanduhrartige Form, die wir heute vielfach mit dem Korsett verbinden. Ihren Höhepunkt erreichte die Korsettmode als die herrschende Mode den weiblichen Körper bis tief zur Hüfte hinunter fest umschloss.
In den 1860er Jahren entsprach der Kauf eines preisgünstigen Korsetts etwa dem Wochenlohn einer Fabrikarbeiterin, so dass dieser – wollte sie dem Schönheitsideal der Oberschicht entsprechen – nur die Möglichkeit blieb, sich selber ein Korsett zu nähen.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Einschnürung der Taille enger als je zuvor, und die Warnrufe der Ärzte wurden lauter. Auch der „Verein zur Verbesserung der Frauenkleidung“ propagierte das wesentlich lockerer fallende und damit gesündere Reformmieder. Dieses konnte sich allerdings keineswegs in der Mode durchsetzen, denn Frauen ohne Korsett wurden als unweiblich angesehen und der Unterschicht zugeordnet.
Das Korsett half, den Körper der Frauen so zu formen, wie es die Abwandlungen der Mode erforderten. Immer wurden die weiblichen Geschlechtsmerkmale hervorgehoben: mal die Brust, mal das weit ausladende Gesäß und mal die Hüften. Mit dem Korsett formen die Launen der Mode den weiblichen Körper wie eine Skulptur immer wieder neu.
Die kleine Galerieausstellung, die noch bis zum 8. Januar 2017 im Lippischen Landesmuseum Detmold zu sehen ist, zeigt gemeinsam mit der großen Dauerausstellung zur Modekleidung einen Gang durch die Geschichte.
Pressetext & Foto: Lippisches Landesmuseum Detmold