Eröffnung von Hof Remberg im LWL-Freilichtmuseum Detmold
Es ist ein besonderes Gebäude, das am Freitag (29.4.) im LWL-Freilichtmuseum Detmold eröffnet wurde. Denn mit der Eröffnung von Hof Remberg im Sauerländer Dorf startet der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gleichzeitig ein neues museumspädagogisches Projekt mit dem Titel „Museumsschläfer – Expedition in die Geschichte“.
Die „Museumsschläfer“ können am 02. Mai nun auf Zeit einziehen
Ab Mai können im Hof Remberg Schulklassen für mehrere Tage wohnen und so die historischen Arbeitsfelder und den Museumsalltag intensiv kennenlernen.
„Die Schulklassen können Geschichte direkt erfahren“, erklärte Michael Pavlicic, der stellvertretende Vorsitzende der LWL-Landschaftsversammlung bei der Eröffnung. „Im Gegensatz zum Frontalunterricht im Klassenraum bekommen die Schülerinnen und Schüler im Hof Remberg die Chance, Erfahrungen mit allen Sinnen zu machen, neue Bewegungsabläufe und Fähigkeiten zu erlernen.“ Denn die Schulklassen und andere Bildungsgruppen haben in jedem Jahr von Mai bis September die Möglichkeit, für ihre „Expedition in die Geschichte“ den Hof Remberg als buchbares Übernachtungsquartier zu nutzen. „So wird Geschichte erlebt und nicht nur erlernt, statt reiner Theorie werden den Kindern und Jugendlichen unvergessliche Erlebnisse geboten“, so Pavlicic.
Hintergrund Hof Remberg
Das repräsentative, spätklassizistisch gestaltete Wohnhaus von 1877 aus Finnentrop-Fretter im Kreis Olpe wurde 2003 in das LWL-Freilichtmuseum Detmold transloziert. 200 Tonnen Gewicht und ca. 2.000 Kubikmeter umbauter Raum wurden in neun Baublöcke aufgeteilt. Tieflader transportierten die Teile von Fretter nach Detmold. Mit dem Wiederaufbau im Museum wurde 2011 begonnen. An das Wohnhaus schloss sich ehemals rechtwinklig ein Wirtschaftsflügel mit Querdiele, Stallungen und Heulager an, der 1878 errichtet und in den 1970er Jahren abgebrochen wurde. Für damalige Verhältnisse war der Hof Remberg ein überaus moderner Bau, der für Aufsehen gesorgt haben dürfte. „Josef Remberg war einer der ersten, der mit dem Neubau eine jahrhundertealte Tradition im bäuerlichen Hausbau brach: Er vollzog die Abkehr vom niederdeutschen Hallenhaus mit Wohnen und Wirtschaften unter einem Dach und errichtete stattdessen ein nahezu freistehendes Wohnhaus. Alle landwirtschaftlichen Tätigkeiten lagerte er in den Flügelbau und andere freistehende Gebäude aus“, berichtete Dr. Hubertus Michels, der Leiter des Referates Bauwesen.
Mit dieser neuen Form der Hofanlage realisierte er für sich und seine Familie ein an bürgerlichen Vorbildern orientiertes Wohnen und brachte gleichzeitig seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf den neuesten technischen Stand. „Nun können wir unseren Besuchern beispielhaft die grundlegende Modernisierung der ländlichen Kultur Westfalens ab etwa 1870 vermitteln“, so Michels. In Preußen waren die Stein-Hardenberg´schen Reformen zu Anfang des 19. Jahrhunderts wichtiger Ausgangspunkt für die Entwicklung. Später kamen mit der Industriealisierung günstige Rahmenbedingungen für den Absatz landwirtschaftlicher Produkte hinzu und ermöglichten diesen Wandel insbesondere ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts.
Im LWL-Freilichtmuseum wurden beide Gebäudeteile wiedererrichtet. Im rekonstruierten Wirtschaftsflügel sind für die neue museumspädagogische Nutzung vor allem Schlaf-, Sanitär- und Aufenthaltsräume untergebracht, um so die originale Bausubstanz des ganzteiltranslozierten Haupthauses zu schonen. Es werden aber beide Gebäude genutzt, die weitgehend barrierefrei sind.
Neue Nutzung
Im großen Dachboden der rekonstruierten Ökonomie schlafen die Kinder, nach Jungs und Mädchen getrennt, mit Isomatte und Schlafsack auf den zwei Heuböden. Im Obergeschoss des Wohnhauses übernachten die Begleitpersonen in sechs Schlafräumen. Moderne Sanitärräume entstanden im Keller- und Erdgeschoss der rekonstruierten Ökonomie. Aus dem ehemaligen Kuhstall wurde ein großer Aufenthaltsraum, der auch für Gruppenaktivitäten genutzt werden kann.
Bei der Einrichtung hat das Museum bewusst auf eine Ausstattung der Räume mit historischen Möbeln verzichtet. Stattdessen wurden moderne, funktionale und strapazierfähige Möbel eingebaut, die sich allerdings am überlieferten Einrichtungszustand der 1920er Jahre orientieren. Den Kindern stehen, neben einer modern ausgestatteten Küche, zudem eine Kochmaschine und ein rekonstruierter Backofen zur Verfügung. Im Haus haben die Klassen so die Möglichkeit, sich einerseits komplett selbst zu verpflegen, andererseits das Kochen und Backen wie früher zu erleben. Einige Räume im Wohnhaus wurden mit historischem Mobiliar ausgestattet.
Jeder Aufenthalt im Museum beginnt mit einem Rundgang im Hof und einer Einführung in das Haus. Der sonstige Tagesablauf richtet sich thematisch nach Interessenslage der jeweiligen Klasse. Anhand beispielhafter Alltagsarbeiten der Haushalte vor etwa 100 Jahren werden Lebensfertigkeiten vermittelt. Das Haus selbst liefert praktische Möglichkeiten, sich mit dem Alltagsleben der früheren Bewohner zu beschäftigen und ein realistisches Bild der täglichen Arbeit aufzuzeigen.
Säen und ernten von Gemüse, Marmelade einkochen, Sauerkraut herstellen und andere Konservierungsarten kennenlernen oder waschen wie zu Omas Zeiten sind nur einige Beispiele. „Vergangenheit am Konkreten zu erlernen, das ist ein Ziel des Projekts.
Bei der Arbeit erfahren die Kinder und Jugendlichen, wie der Alltag im vergangenen Jahrhundert aussah. Durch ihre eigenen Erfahrungen beim Waschen oder Kochen können sie die Schwierigkeiten des damaligen Lebens verstehen“, berichtete Anna Stein, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums.
Neben den alltagspraktischen Fähigkeiten gibt es verschiedene Workshops, bei denen das Handwerk im Vordergrund steht, wie beim Körbeflechten, beim Handarbeiten in der Textilwerkstatt oder dem Papierschöpfen. Aus dem Gesamtangebot wird gemeinsam mit den Lehrern ein auf die Lehrpläne abgestimmtes Programm entwickelt.
„Die Kinder und Jugendlichen können in dieser neuen Lernumgebung andere Fähigkeiten beweisen, die im Schulalltag nicht hervortreten. Lebensfertigkeiten wie Teamgeist, Sozialverhalten und eigenständiges Lernen werden vermittelt“, so Stein.
Eckdaten zum Projekt „Museumsschläfer – Expedition in die Geschichte“
richtet sich zunächst an Schulklassen der 3. bis 8. Klassenstufe
max. 30 Schüler und bis zu 6 Betreuungspersonen
bis zu vier Tage Aufenthalt sind möglich (jeweils dienstags bis freitags)
Kosten: 20 Euro pro Übernachtung/Person; darin enthalten ist ein museumspädagogisches Programm pro Aufenthalt
Verpflegung in Eigenregie oder über die Museumsgastronomie
Kontakt über: Gefion Apel (gefion.apel@lwl.org), Anna Stein (anna.stein@lwl.org) oder unter Tel. 05231 7060
Pressetext: Freilichtmuseum-Detmold, Öffentlichkeitsarbeit
Fotos: www.DerLemgoer.de & Quelle: Freilichtmuseum-Detmold