Vor 25 Jahren fing alles bei der freien Theatergruppe Stattgespräch an und nun war wieder Premiere

Vor 25 Jahren fing alles im Kulturbahnhof Lemgo an und Gründungsmitglied Frank Wiemann blickt auf eine schöne und erfolgreiche Zeit zurück. 64 Inszenierungen, 1250 Vorstellungen mit sogar zwei Uraufführungen und 11 deutsche Erstaufführungen.

 

„STATTGESPRÄCH“-Logo über dem Eingang. Foto: A. Leber

 

Frank Wiemann schenkte sich und den Zuschauern das 65. Stück: „Heilig Abend“ – Eine Bombe zu Weihnachten

Die Besucherzahl lag in dieser Zeit einschließlich der Gastspiele in anderen Städten bei rund 200.000 Zuschauern. Nun feierten sie am vergangenen Samstag ihre 65. neue Premiere, welcher zwar gut besucht aber auf Grund der momentanen Corona-Situation mit 2G-Regelung natürlich leider nicht ausverkauft war. Bei den vielen Stücken konnte das ganze Team immer wieder auf einen Stamm von sehr erprobten Akteuren zurückgreifen, darunter auch einige Profischauspieler wie Grit Asperger oder Ulrich Holle, welche beide auch Teil der aktuellen Inszenierung Heilig Abend“ waren. Bei diesem spektakulären und explosiven Stück spielen nur zwei Schauspieler, eine Frau, ein Mann und eine Uhr die Hauptrolle. In den beiden Rollen glänzten Grit Asperger als „JUDITH“ und Frank Wiemann als „THOMAS“ und die Regie übernahm Ulrich Holle und sie fesselten 90 Minuten lang das Premierenpublikum. Aus der Feder des Erfolgsautors Daniel Kehlmann, welcher 1975 in München geboren wurde und nach eigenen Angaben von dem US-amerikanischen Western „High Noon“ (1952) von Fred Zinnemann inspiriert wurde. Er gehört zu den wichtigsten und auch erfolgreichsten deutschen Gegenwartsautoren.

 

Frank Wiemann begeisterte als Verhörspezialist „Thomas“ und Grit Asperger als „Judith“, die verdächtigt wird eine Terroristin zu sein. Foto: Andreas Leber

 

Während des Schreibens dieses Stücks wurde er zusätzlich von den Enthüllungen von Edward Snowden und die Terroranschläge vom November 2015 in Paris beeinflusst. Es drehte sich alles um ein Verhör wo sich alles um Liebe und Verrat in Zeiten von Angst und Terror dreht. Im Zentrum steht Judith (Grit Asperger), eine Uniprofessorin, welche an Heiligabend vor Mitternacht verhaftet wird. Ihr wird vorgeworfen, ein Attentat geplant zu haben und es soll genau um 24 Uhr eine Bombe explodieren. Der vernehmende Beamte Thomas (Frank Wiemann) steh extrem unter Druck, da ihm langsam die Zeit wegläuft. Er wirft seinem Gegenüber vor, als junge Studentin schon dem Terror hinterher gereist zu sein. Auch ihr Ex-Mann Peter spielt wohl irgendwie eine Rolle und wurde ebenfalls verhaftet. Wer von Beiden wird wohl als erstes reden und alles zugeben. Gibt es die Bombe überhaupt und wenn ja wo befindet sie sich? Viele offene Fragen, welche versucht werden, im Laufe des Abends im Rahmen des sehr stark dargestellten Verhörs zu klären.

 

Verhörspezialist Thomas (Frank Wiemann) vernimmt Judith (Grit Asperger) und will wissen ob es eine Bombe gibt und wo sie ist. Foto: Andreas Leber

 

Sie hat einen Lehrstuhl für Philosophie und es steht auch die Frage im Raum, hat sie etwas mit dschihadistischem Gedankengut zu tun? Noch kann alles verhindert werden, aber Judith streitet alles immer wieder ab. Auf dem Weg zu ihren Eltern wurde sie aus dem Taxi geholt und sitzt nun schon eine lange Zeit dem Verhörspezialisten Thomas gegenüber. Er weiß irgendwie offensichtlich alles über sie, ihre Arbeit und die gescheiterte Ehe. Ein packendes Psycho-Spiel beginnt mit List, unzulässige Täuschungen und unbelegte Vorwürfe. Es gibt zwar einige Fakten, aber wie diese auszulegen sind das ist unklar. Judith behauptet als auch noch ein Bekennerschreiben auf ihrem Laptop, der nie im Netz war auftaucht immer wieder, dass sie das alles nur für ihre Seminare benötigen würde und trotzdem versucht Thomas sie aus der Reserve zu locken. Auch sie versucht ihr Gegenüber mit gezielten Fragen aus dem Konzept zu bringen in dem sie Thesen des Franzosen Frantz Fanon anführte, über den sie promoviert hatte und immer wieder tickte laut die Uhr.

 

Frank Wiemann und Grit Asperger freuten sich über den langen Applaus des Premieren-Publikums bei „Heilig Abend“. Foto: Andreas Leber

 

Grit Asperger, Frank Wiemann und Ulrich Holle nach der Premiere im Kulturbahnhof. Foto: Andreas Leber

 

Die Zuschauer blickten gebannt zur Bühne und bis auf einige wenige lustige Momente mit Lachern war es sehr still. Ein Spiel wo Kehlmann seine beiden Figuren durch wechselnde Beziehungsdynamiken schickt und mit Erwartungen und Ängsten spielt. Fantastisches Schauspiel, welches auch heute noch an Brisanz nicht verloren hat. Immer wieder gibt es Amok, Anschläge und Tote.

 

Am Ende „5 vor 12“ sitzt Verhörspezialist Thomas verzweifelt auf einem Stuhl und die mutmaßliche Terroristin Judith redet auf ihn ein. Foto: Andreas Leber

 

Es kommen viele Fragen auf die Antworten verlangen, aber am Ende bleibt es doch wohl offen, gab es nun eine Bombe oder nicht. Die Verblüffung, staatliche Überwachung in der doch sehr elektronischen und digitalen Welt, die Willkür der Geheimdienste und die Möglichkeiten der Polizei hätte man sich früher so gar nicht vorstellen können. „Heilig Abend“ wird noch an folgenden Terminen gespielt:

Spielplan – Theatergruppe Stattgespräch Lemgo (stattgespraech.de)

 

und Tickets dafür bekommt man unter:

Tickets/Preise – Theatergruppe Stattgespräch Lemgo (stattgespraech.de)

 

Weitere Infos auch unter:

Heilig Abend – Theatergruppe Stattgespräch Lemgo (stattgespraech.de)

 

Bericht / Fotos: Andreas Leber (www.Handmadepixel.de)

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