Der andere Blick auf die deutschen Verhältnisse von einem Kreis Resident Officers in Lemgo
In der Zeit von 1945 bis 1950 hatten die britischen Besatzer einen besonderen wichtigen Auftrag
Nach dem zweiten Weltkrieg, der bisher größte und verlustreichste Konflikt der Menschheitsgeschichte übernahmen die britischen Besatzungszonen. Dazu zählte auch der Kreis Detmold und auch der Kreis Lemgo, wobei es besonders bei den aktuellen Forschungen der ehemaligen Lehrerin Petra-Ulrike Wissbrock geht. Durch ihre Schüler kam sie öfters einmal ins Detmolder Stadtarchiv. Dort bekam sie das erste Mal Kontakt mit den dortigen Berichten der damaligen britischen Kreis Resident Officers, die schon einmal rund 100 Seiten umfassten. Diese hatten einen besonderen und wichtigen Auftrag. Sie waren Mitglieder einer zivilen Kontrollkommission und sollten die Redemokratisierung befördern.
Marcel Oeben, Leiter des Stadtarchiv Lemgo freut sich, dass Autorin Petra-Ulrike Wissbrock in ihrem spannenden Vortrag die demokratischen Anfänge in der Vorphase der Bundesrepublik beleuchten wird. Foto: Andreas Leber
Regelmäßig mussten sie mit ihren Teams von den Ergebnissen ihrer Arbeit berichten. Diese monatlichen „Reports“ der Kreis Resident Officers vermittelten einen unverstellten Blick auf die deutschen Parteien, Politik und die wirtschaftliche, wie auch sozialen Entwicklungen in den beiden Kreisen Detmold und Lemgo innerhalb der britischen Zone. Diese monatlichen Berichte waren sehr spannend und natürlich fehlte auch der typische britische Humor dabei nicht. Diese Arbeit in der Nachkriegszeit war weitgehend in die Vergangenheit geraten. Die Erinnerungen der Stationierung der britischen Rheinarmee in vielen nordwestlichen Städten und auch deren Abzug ist Vielen noch in Erinnerung. So hatten die Briten die Befehlsgewalt und für Lemgo war von 1946 bis 1951 „Lt. Col. Joseph Geoffrey Einem Hickson“ der Kreis Resident Officers. Seine Aufgabe war in der Uniform in den Straßen Lemgos präsent zu sein. Seine Dienststelle des „K.R.O.“ war mit dem Team beim Schloss Brake. Seine Aufgabe war die gesellschaftliche und politische Entwicklung beobachten, an Ratssitzungen und Ausschusssitzungen teilzunehmen und Kontakte zu Entscheidungsträgern zu pflegen. Sie waren aber auch für fast alles der Ansprechpartner und mit seinen Offizieren und ihnen unterlag auch die Verantwortung für die Wirtschaft und Bildung. Somit waren sie noch über dem amtierenden Bürgermeister angesiedelt. Ihre Forschungen führte sie bis nach England und weiterhin setzte sie den Fokus auf die Landkreise Detmold und Unna und die beiden Stadtkreise Bielefeld und Dortmund. Sie fand viele Parallelen bei den lokalen und regionalen Verhältnissen der Nachkriegszeit, die aus britischer Perspektive erhellt wurden. In ihrer Dissertation beleuchtet sie viele Fragen und wie die „Kreis Resident Officers“ aus den „Volksgenossen“ – „Gentlemans“ machten. Was Heinrich Drake damit zu tun hat, ob wirklich mehr Frauen in die Politik gingen und welche Rolle die vielen Flüchtlinge spielten, die alle nach Lemgo kamen. Waren es 1939 noch rund 13.000 Einwohner in Lemgo, so wurden 1948 schon rund 19.000 Einwohner verzeichnet. Es herrschte Wohnungsnot, aber trotzdem ebneten die britischen Besatzer den richtigen Weg zur „Demokratie“ und somit auch zu unserem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, was ja am 23. Mai 1949 verkündet wurde und daher dieses Jahr das 75- Jubiläum feiert. Dazu gibt es nun am 29. Mai 2024 um 18 Uhr im Stadtarchiv von der Referentin Petra-Ulrike Wissbrock einen spannenden Vortrag mit vielen neuen und aktuellen Forschungsergebnissen über den damaligen Kreis Lemgo.
Zu diesem spannenden Thema veröffentlichte die Autorin Petra-Ulrike Wissbrock auch 2023 ihr Buch unter dem Titel: Der andere Blick auf deutsche Verhältnisse – Kreis Resident Officers in westfälischen Kreisen 1945 bis 1950“. Es umfasst 324 Seiten, hat 24 Abbildungen und hat die ISBN-Nr.: 978-3-7395-1516-8 und kostet: 49,00 Euro. Erschienen bei: Studien zur Regionalgeschichte Band 28.
Bericht / Foto: Andreas Leber