Große Stattgespräch-Premiere der Komödie „Besuch bei Mr. Green“ im Kulturbahnhof
Die „Freie Theatergruppe Stattgespräch“ geht dieses Jahr in die 26. Spielzeit – „Entscheidungen“ und diese beginnt mit der Premiere der Tragikomödie „Zu Besuch bei Mr. Green“ welche aus der Feder des Amerikaners Jeff Baron stammt. Die Uraufführung fand 1996 bei Berkshire Festival statt und kam offiziell 1997 in New York heraus. Dort wurde es dann ein ganzes Jahr begeistert aufgeführt, in 22 Sprachen bisher übersetzt und in über 40 Ländern mehr als 500 Mal aufgeführt.
Ein Zweipersonenstück das von Religion, Generation und überwundene Grenzen handelt
Es wurde mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet und es ist der „Freien Theatergruppe Stattgepräch“ eine große Ehre diese preisgekrönte Tragikomödie am vergangenen Samstag im Kulturbahnhof zu präsentieren. Es ist ein Zweipersonenstück unter der klug durchdachdachten Regie von Katrin Brakemeier und so glänzten Frank Wiemann als „Ross Gardiner“ und Ulrich Holle als „Mr. Green“ brillant in ihren Rollen. Seit August liefen dazu die Proben und zehn Aufführungen bis einschließlich 27. November stehen auf dem Lemgoer-Spielplan. Die Corona-Zeit ist leider immer noch nicht vorbei und die Fallzahlen werden auch immer wieder höher. Deshalb freue man sich, dass aber großes Interesse an diesen Stücken bestehe und daher die Kulturszene auch im wohl kommenden Corona-Herbst wieder aufleben würde.
Das Stück handelt über den Zusammenprall unterschiedlicher Lebensmodelle, Religionen, Generationen und es geht um Akzeptanz und Toleranz. Alle diese Punkte sind für die Überwindung von Grenzen nötig. Das Stück transportierte sehr intensiv die Botschaft ins fast ausverkaufte Premierenpublikum und beide Schauspieler zeigten in der minimalistisch eingerichteten Wohnung von „Mr. Green“ eine brillante Schauspielkunst auf der Bühne.
Die Umsetzung und das Zusammenspiel zwischen Ulrich Holle (Mr. Green) und Frank Wiemann in seiner Rolle als „Ross Gardiner“ war einfach nur fantastisch. Ulrich Holle spielt auf Grund seines Alters die Rolle brillant und stellte auch immer wieder klar, wie sehr er seine vor einigen Monaten verstorbene Frau Jetta vermissen würde. Sie war in der Ehe die treibende Kraft und so fühlte er sich alleine sehr verloren, verbittert und daher sah die Wohnung auch dementsprechend aus.
So verkörperte er den grauhaarigen Mann in seinem Unterhemd und später auch im Karo-Hemd sehr authentisch. Genau dieser Herr bekommt nun plötzlich unangekündigt an einem Donnerstag Besuch von „Ross Gardiner“, welcher vor Gericht verurteilt wurde gemeinnützige Arbeit zu leisten. Da er beinahe „Mr. Green“ mit dem Auto angefahren hatte, führte ihn sein Weg natürlich dorthin, Er sollte ihm bei alltäglichen Erledigungen oder Einkäufen zur Hand gehen. Doch der resolute Alte will überhaupt keine Hilfe und besonders auch nicht vom ihm. Er sieht nicht ein, warum ihm überhaupt jemand im Haushalt helfen sollte.
Aus der vorsichtigen Annäherung zwischen den Beiden entstehen verschiedene Konflikte. Der zynische Ross findet sich plötzlich in einer Rolle wieder mit der er seit vielen Jahren schon hadert. Trotzdem kommen sich Beide aber am Anfang näher, da Ross „Mr. Green“ immer wieder Suppe mitbringt, welche sogar koscher wäre, da er erfahren hatte, dass „Mr. Green“ jüdischen Glaubens sei.
Die Rolle des „Ross Gardiner“ spielte Stattgespräch-Gründer Frank Wiemann auch sehr überzeugend. Sein Auftreten im feinen Anzug als Business-Mann nahm ihm das Publikum ab und durch sein wohl öfters zügiges Fahrverhalten war es ja zu dieser Situation überhaupt gekommen. Das Stück lebte aber besonders von den trockenen und teilweise sehr schlagfertigen Sprüchen und daher gab es im Publikum auch immer wieder viele Lacher. So spielte in dem Stück: „Zu Besuch bei Mr. Green“ natürlich das Judentum eine wichtige Rolle. Denn im weiteren Verlauf kristallisierte sich heraus, dass „Ross Gardiner“ selber jüdischen Glaubens erzogen wurde. Das er den Unterschied zwischen „milchick“ und „flaychick“ nicht kennt – vielleicht lässt sich doch noch ein Mensch aus ihm machen. Aber dann muss Ross plötzlich feststellen, dass seine Ignoranz gegenüber jüdischem Brauchtums nicht das Einzige ist, was bei „Mr. Green“ auf völliges Unverständnis stößt.
Trotzdem verhalf es Beiden sich weiter anzunähern, bis dann das Thema auf die verstorbene Frau Mr. Greens Jetta kam und sich heraus stellte, dass „Ross Gardiner“ nicht dem weiblichen Geschlecht zu getan wäre. Dieses sei im jüdischen Glauben unrein und so müsste Ross sich für das rechtfertigen, was er ist. Zum Ende hin wurde aber auch „Mr. Green“ immer stärker dazu gezwungen, sich einem dunklen Familiengeheimnis aus einer Vergangenheit zu stellen.
Das Stück ist heute noch sehr aktuell, da es noch wichtiger ist sich mit dem Judentum, den Opfern des Holocaust und dem Thema Homosexualität, welche erst seit 1994 in Deutschland straffrei ist, auseinanderzusetzen.
Hier noch einige weitere Fotos von der tollen Premiere im Kulturbahnhof:
Bericht / Fotos: Andreas Leber (www.Handmadepixel.de)