Wie verhält sich ein „Single“-Pinguin?
Wie verhalten sich Pinguine als „Single“ und wie in einer Beziehung? Wie ist das Osnabrücker Wolfsrudel zurzeit strukturiert? Und macht der Nachwuchs bei den Weißscheitelmangaben seinem Vater schon den Platz streitig? Darüber forschten sieben Studierende im Zoo Osnabrück.
Studierende forschen im Zoo – Ausstellung für Besucher
„Die wissenschaftlich ausgewerteten Verhaltensbeobachtungen der Studierenden sind für uns enorm wichtig“, betont Zoodirektor Prof. Michael Böer. „So können wir die Tiere noch besser verstehen und auch die Haltung immer weiter verbessern.“ Zwei Wochen lang beobachteten sieben Biologie-Studenten der Universität Osnabrück im Rahmen des Mastermoduls „Verhaltensbiologie“ Europäische Wölfe, Humboldtpinguine und Weißscheitelmangaben, eine bedrohte Affenart, unter vorher festgelegten Fragestellungen. So sollte bei den Pinguinen beobachtet werden, ob sich männliche „Single“-Pinguine anders verhalten als Pinguine, die einen Partner haben. Besonderes Augenmerk galt dabei dem männlichen Pinguin Forrest, der erst seit kurzem im Zoo Osnabrück lebt und noch keine Partnerin hat. Bei den zehn Wölfen stand die aktuelle Rangordnung im Mittelpunkt – wer verhält sich wem gegenüber dominant oder unterwürfig? Die dritte Gruppe untersuchte, ob Barmani, ein junger Weißscheitelmangabenmann, seinem Vater Chakon schon den Platz streitig macht und wie Barmani sich gegenüber den anderen Familienmitgliedern verhält. Dr. Lars Lewejohann, Leiter des Lehrstuhls für Verhaltensbiologie an der Universität, ist froh diese Möglichkeit zur Verhaltensbeobachtung im Zoo Osnabrück nutzen zu können: „Die Studierenden verstehen dadurch, was es tatsächlich heißt Verhaltensbeobachtungen durchzuführen und worauf man achten muss. Von der Entwicklung der Fragestellung über einen Beobachtungskatalog mit den verschiedenen Verhaltensweisen bis hin zur Auswertung müssen die Studierenden den kompletten Prozess selbst durchdenken und umsetzen.“
Das Wolfsrudel: eine Großfamilie
Biologie Studentin Carina Kaufmann beobachtete mit ihrem Kommilitonen Philippe Gründer das zehnköpfige Wolfsrudel – keine einfache Aufgabe, wie sie berichtete: „Zunächst war es schwierig, die Individuen unterscheiden zu können. Wölfe sehen sich auf den ersten Blick ja schon sehr ähnlich, aber wenn man genauer hinschaut, haben sie doch individuelle Erkennungsmerkmale.“ Sechs Stunden am Tag wurden die Tiere abwechselnd für jeweils zehn Minuten in den Fokus genommen und das Verhalten notiert. Die Ergebnisse erstaunten die Studierenden: „Das Wolfsrudel lebt nicht nur sehr harmonisch miteinander, sondern die Rangordnung wird auch ohne Aggressionen von oben im Alltag gelebt. Es ist eher so, dass die Rangniedrigeren sich von sich aus unterwerfen, ohne dass das Alphamännchen Druck ausüben muss. Er ist vielmehr ein Beziehungspartner und die anderen Rudelmitglieder folgen ihm aus Vertrauen“, so Kaufmann. Am meisten beeindruckt waren die Studierenden jedoch vom Heulen der Wölfe: „Dann war der Zusammenhalt des Rudels nicht nur zu hören, sondern auch zu spüren“, erinnert sich die Studentin.
Posterpräsentation im Mangabenhaus
Wer welche Position im Wolfsrudel inne hat oder ob „Single“-Pinguine sich tatsächlich anders verhalten, können Zoobesucher nun im Mangabenhaus in der Afrika-Tierwelt „Takamanda“ nachlesen. Hierfür haben die Studierenden Poster erstellt, wie sie auch für Biologie-Konferenzen genutzt werden. „Aber natürlich haben sie die Ergebnisse allgemein verständlich aufbereitet. Für die Besucher ist es bestimmt sehr spannend mehr über die Tiere im Zoo zu erfahren und dadurch auch selbst auf bestimmte Verhaltensweisen der Tiere aufmerksam zu werden“, so Dr. Lewejohann. Fragen zu den Forschungsprojekten beantworten die Studierenden am kommenden Sonntag von 14 bis 16 Uhr sogar persönlich. Und so viel sei verraten: Pinguine in einer Beziehung können sich darüber freuen, dass ihr Partner ihre Körperpflege übernimmt – der erwartet das gleiche aber natürlich auch. „Single“-Pinguine müssen sich dagegen selber putzen.
Wissenswertes zu den Aufgaben eines Zoos
Nach ihrem Selbstverständnis sind die wissenschaftlich geleiteten Zoos Bildungseinrichtungen, die den Besuchern Kenntnisse von der Vielfalt der Tierwelt und Einsichten in biologische und ökologische Zusammenhänge vermitteln soll. Die 825 Zoos, die ihre Tierbestände dem International Species Inventory System (ISIS) melden, halten insgesamt 15.000 verschiedene Tierarten. Für viele Menschen ist der Zoo heute die einzige Gelegenheit zur persönlichen Begegnung mit Tieren. Die zoopädagogischen Abteilungen arbeiten mit Schulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen zusammen.
Zoos betreiben Natur- und Artenschutz. Sie versuchen, von der Ausrottung bedrohte Tierarten (Wild- und Haustiere) im Rahmen von nationalen und internationalen Programmen durch koordinierte Nachzucht zu erhalten. Insgesamt gibt es 1.440 internationale oder nationale Zuchtbücher und Zuchtprogramme für 850 Arten / Unterarten. Sind entsprechende Lebensräume vorhanden, werden Nachzuchttiere für Auswilderungsprojekte zur Verfügung gestellt. Die Nachzucht nicht gefährdeter Tierarten vermeidet weitgehend den Fang wildlebender Vertreter dieser Arten. Zoos stellen ihr Fachwissen den unterschiedlichsten Gremien zur Verfügung.
Im Zoo wird Forschung im Bereich der Tiergartenbiologie (u.a. Zoologie, Ökologie, Physiologie, Ethologie) und Tiermedizin im Rahmen der Möglichkeiten betrieben und gefördert. Dabei wird mit anderen Zoos, Universitäten und ähnlichen Einrichtungen zusammengearbeitet. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Tätigkeit werden in Fachzeitschriften, aber auch in Presse, Funk und Fernsehen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Der Zoo ist eine Stätte der Erholung und Freizeitgestaltung. Er soll möglichst für alle Besucher attraktiv sein und Erholung und Bildung miteinander in Einklang bringen. Die Bedürfnisse der Tiere und die der Besucher sollen soweit als möglich aufeinander abgestimmt werden. (SALZERT, W. 2010)
Quelle: Verband der Zoologischen Gärten e.V.
Über den Zoo Osnabrück
Der Zoo Osnabrück wurde 1935 als Arbeitsgemeinschaft Heimtiergarten von Osnabrücker Bürgern gegründet und bereits 1936 als Heimattiergarten eröffnet. Während des zweiten Weltkriegs wurde der Heimattiergarten größtenteils zerstört, doch anschließend verfolgten die Osnabrücker weiterhin ihr Ziel, für die Stadt einen Zoo zu schaffen. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich der Heimattiergarten zum Tiergarten und schließlich zum zoologischen Garten. Heute beherbergt der Zoo auf 23,5 Hektar circa 2.700 Tiere aus 300 Arten. Neueste Erlebniswelten sind der unterirdische Zoo (2009), die afrikanische Erlebniswelt „Takamanda“ (2010), die nordische Tierwelt „Kajanaland“ (2011) und der Affentempel „Angkor Wat“ (2012). 2014 wurde der Tigertempelgarten im Bereich „Angkor Wat“ eröffnet. Bis 2016 soll das Menschenaffenhaus im gleichen Stil umgebaut werden. Eine nordamerikanische Tierwelt soll bis 2018 realisiert werden. 2014 besuchten den Zoo Osnabrück 1.003.000 Besucher.
Pressemitteilung: Zoo Osnabrück / Lisa Josef
Fotos: www.DerLemgoer.de / A. Leber